ChatGPT und semantische Vektorräume: Architektur und Funktionsweise

ChatGPT und semantische Vektorräume: Architektur und Funktionsweise

ChatGPT verwendet semantische Vektorräume, die auf transformerbasierten Modellen basieren. Die zugrunde liegende Architektur stammt aus der GPT (Generative Pre-trained Transformer) Modellfamilie, die von OpenAI entwickelt wurde.

Art des verwendeten semantischen Vektorraums

ChatGPT nutzt einen hochdimensionalen, kontextabhängigen Vektorraum, der während des Trainings aus Milliarden von Texten generiert wurde. Dies unterscheidet sich fundamental von klassischen statischen Word Embeddings (z.B. Word2Vec oder GloVe), da die Bedeutung eines Wortes kontextabhängig erfasst wird.

Wie wird der Vektorraum erzeugt?

Die GPT-Modelle lernen semantische Vektoren durch Selbstüberwachtes Lernen auf großen Textkorpora. Der Prozess läuft in zwei Hauptphasen:

1. Pre-Training (unüberwachtes Lernen)

  • Ein Transformer-Modell wird mit Milliarden von Textbeispielen trainiert
  • Das Modell erstellt ein internes semantisches Vektorfeld, indem es vorhersagt, welche Wörter in einem bestimmten Kontext wahrscheinlich folgen
  • Diese Vektoren enthalten semantische Beziehungen zwischen Wörtern, Phrasen und Konzepten

2. Fine-Tuning (überwachtes & Reinforcement Learning)

  • Nach dem allgemeinen Training wird das Modell mit menschlichem Feedback (RLHF – Reinforcement Learning from Human Feedback) verfeinert
  • Dies optimiert die Qualität der semantischen Repräsentationen für Konversationen
  • Verbessert Kohärenz, Relevanz und Sicherheit der Antworten

Besonderheiten des Vektorraums in ChatGPT

Dynamische Bedeutung

Das Modell ordnet Wörtern keine festen Vektoren zu, sondern berechnet sie on-the-fly basierend auf dem Kontext.

Beispiel:

  • “Bank” (als Sitzgelegenheit) vs. “Bank” (als Finanzinstitut) → unterschiedliche Vektoren je nach Satz
  • “Schloss” (Gebäude) vs. “Schloss” (Verschluss) → kontextabhängige Disambiguierung

Hochdimensionale Repräsentation

  • Der Vektorraum ist extrem groß (typischerweise >1000 Dimensionen)
  • Semantische Zusammenhänge werden durch transformerspezifische Attention-Mechanismen modelliert
  • Jede Dimension kann multiple semantische Aspekte kodieren

Multimodale Erweiterungen

  • Neuere Modelle (z.B. GPT-4 Turbo) können Bild- und Textinformationen gemeinsam verarbeiten
  • Dies erzeugt eine multimodale Vektorraumbildung, ähnlich wie in CLIP
  • Ermöglicht Cross-Modal-Understanding zwischen Text und Bildern

Prozesskette in ChatGPT

Die Verarbeitung einer Anfrage durchläuft mehrere Stufen, wobei der semantische Vektorraum eine zentrale Rolle spielt:

1. Eingabephase (User Input)

  • Benutzer gibt eine Frage oder einen Befehl ein
  • Der Text wird von der Anwendung entgegengenommen
  • Optional: Vorverarbeitung (Normalisierung, Bereinigung)

🔹 Kein semantischer Vektor nötig → Reiner Text liegt vor

2. Tokenisierung

  • Der eingegebene Text wird in kleinere Einheiten zerlegt: Tokens
  • Ein Token kann ein Wort, ein Wortteil oder ein Satzzeichen sein
  • OpenAI nutzt Byte Pair Encoding (BPE)-basierte Tokenisierung
  • Beispiel: “Hallo Welt!” → [“Hallo”, " Welt", “!”]

🔹 Noch kein semantischer Vektor → Tokens sind nur Zeichenketten

3. Einbettung in den semantischen Vektorraum (Embedding Layer)

  • Jedes Token wird in einen hochdimensionalen semantischen Vektor umgewandelt
  • Diese Vektoren kodieren Bedeutung anhand des Kontexts aus vorherigen Trainingsdaten
  • Position des Vektorraums in der Prozesskette: Hier wird der semantische Vektor berechnet!

Methoden:

  • Pretrained Embeddings: GPT-Modelle haben bereits eine große semantische Vektormatrix gelernt
  • Dynamische Berechnung: Die Bedeutung eines Wortes wird im aktuellen Satzkontext angepasst

🔹 Jetzt gibt es semantische Vektoren! Jeder Token besitzt eine numerische Repräsentation seiner Bedeutung

4. Kontextmodellierung mit dem Transformer (Attention-Mechanismus)

  • Die erzeugten semantischen Vektoren werden durch mehrere Transformer-Schichten geleitet
  • Self-Attention bestimmt, welche Tokens in welchem Maße für die nächste Vorhersage relevant sind
  • Feedforward-Netzwerke verarbeiten diese Informationen weiter
  • Das Ergebnis ist eine semantische Repräsentation des gesamten Satzkontextes

🔹 Semantische Vektoren werden hier weiter optimiert durch Kontext und Bedeutungsmodellierung

5. Wahrscheinlichkeitsberechnung der nächsten Tokens

  • Das Modell berechnet Wahrscheinlichkeiten für das nächste Token basierend auf der aktuellen Vektorrepräsentation
  • Das wahrscheinlichste Token wird ausgewählt oder durch Sampling-Strategien variiert (Temperature, Top-K, Top-P)

🔹 Semantische Vektoren steuern die Token-Vorhersage und ermöglichen sinnvolle Sequenzen

6. Detokenisierung & Antwortausgabe

  • Die vorhergesagten Tokens werden wieder in lesbaren Text umgewandelt
  • Die Antwort wird an den Nutzer zurückgesendet

🔹 Semantische Vektoren sind nicht mehr sichtbar, aber ihr Einfluss bleibt in der generierten Antwort

Unterschied zu traditionellen semantischen Vektorräumen

Eigenschaft ChatGPT (Transformer) Word2Vec / GloVe (statisch)
Wortbedeutung Kontextabhängig Fix (gleicher Vektor für ein Wort)
Vektorraumbildung Durch Transformer-Attention Durch Wortko-Okkurrenz
Semantische Flexibilität Hohe Anpassungsfähigkeit Begrenzte Generalisierung
Anwendungsbereiche Generative KI, NLP Information Retrieval, Klassifikation
Kontextverständnis Vollständiger Satzkontext Lokaler Wortkontext
Trainingsaufwand Sehr hoch Moderat

Technische Details der Attention-Mechanismen

Self-Attention Formel

\[ \text{Attention}(Q, K, V) = \text{softmax}\left(\frac{QK^T}{\sqrt{d_k}}\right)V \]

Wobei:

  • Q (Query): Was sucht das aktuelle Token?
  • K (Key): Welche Information bieten andere Tokens?
  • V (Value): Welche Werte werden übertragen?
  • d_k: Dimensionalität der Key-Vektoren

Multi-Head Attention

  • Mehrere Attention-Köpfe arbeiten parallel
  • Jeder Kopf fokussiert auf verschiedene semantische Aspekte
  • Ergebnisse werden kombiniert für reichhaltigere Repräsentationen

Fazit

ChatGPT verwendet keinen festen semantischen Vektorraum, sondern berechnet Vektoren dynamisch mit Transformer-Architekturen. Dadurch kann es:

  • Kontextuelle Bedeutungen adaptiv modellieren
  • Mehrdeutigkeiten auflösen
  • Komplexe semantische Beziehungen verstehen
  • Kohärente und relevante Antworten generieren

Dies macht es wesentlich flexibler und leistungsfähiger als klassische Methoden wie Word2Vec oder GloVe, erfordert aber auch deutlich mehr Rechenressourcen und komplexere Architekturen.